Die gegen Frauen und Kinder gerichtete Gewalt ist in Mittelamerika und der Anden-Region systematisch und die Gewaltraten von sexueller und häuslicher Gewalt, bis hin zu Femiziden, sind besonders hoch. Betroffene haben oft wenig Hoffnung, aus eigener Kraft zu ihrem Recht zu kommen und für diejenigen, die in Armut leben, sind die Hürden noch höher. Falls sie überhaupt eine Straftat anzeigen können, kann es Jahre dauern, bis ein Urteil gefällt wird. Nur wenige Fälle werden überhaupt vor Gericht verhandelt. IJM arbeitet mit den Behörden in Guatemala und Kolumbien zusammen, um Betroffenen Zugang zum Rechtssystem sowie Schutz und Unterstützungshilfen zu gewähren. Während die Programmarbeit von IJM in Guatemala schon vorangeschritten ist und wichtige Meilensteine erreicht wurden, steht das 2021 gegründete Projekt in Kolumbien noch am Anfang. Die Arbeit in Bogotá befindet sich noch in der ersten Projektphase und orientiert sich an der erfolgreichen Programmatik in Guatemala.
Gewaltsame Straftaten gegen Frauen und Kinder werden von den Rechtssystemen in Guatemala und in Kolumbien bislang nur unzureichend behandelt. Zum einen wird diese Gewalt in beiden Ländern in weiten Teilen der Bevölkerung als „normal“ angesehen. Der verbreitete "Machismo" beinhaltet die folgenreiche Vorstellung, Frauen und Kinder seien Besitz des Mannes. Gewalt, sei es sexuelle Gewalt, oder andere Misshandlungen wie Schläge, Messerstiche, Knochenbrüche, bis hin zu Mord, werden von Männern immer wieder als legitime Reaktion, zum Beispiel auf "Ungehorsam", gesehen.
Über diese Wahrnehmung hinaus gibt es in beiden Ländern viele Regionen, in denen das öffentliche Rechtssystem nicht in der Lage ist, geltendes Recht zum Schutze der dort lebenden Menschen durchzusetzen. Wir sprechen von einem "Defizit in der Rechtsdurchsetzung". Dieser daraus entstehende "straffreie" Raum für die Täter führt zu immer mehr Gewalt.
Eine der bemerkenswertesten Entwicklungen, an denen IJM in Guatemala bisher beteiligt war, ist die Gründung eines Instituts für Betroffene. Dabei handelt es sich um eine staatliche Einrichtung in Guatemala, die kostenlose, spezialisierte Unterstützung und Hilfe für Gewaltopfer anbietet - vor allem rechtliche Vertretung, Beratungsdienste und medizinische Behandlung. Weitere Einrichtungen, die dasselbe Konzept übernehmen, sind geplant.
IJM arbeitet in Guatemala und Kolumbien mit Partnern aus Regierung, dem öffentlichen Rechtsystem sowie anderen NGOs zusammen, um die Justizsysteme der Länder zu stärken und die Strafverfolgung in Bezug auf Gewalt gegen Frauen und Kinder zu verbessern. Ziel ist dabei, dass im Projektverlauf die Anteile der Arbeit von IJM immer geringer werden und das öffentliche Rechtssystem jeweils immer stärker die Verantwortung und die Initiative übernimmt.
Die „Theory of Change“ von IJM geht nachweislich davon aus, dass wenn geltendes Recht für Menschen in Armut zugänglich ist, auch die Prävalenz von Gewalt gegen Betroffene (in diesem Fall: Frauen und Kinder) sinkt. Der Zugang zum Recht ist für eine nachhaltige Entwicklung von Gesellschaften und die Überwindung von Armut essentiell. Dieser rechtsbasierte Ansatz von IJM ist weltweit einzigartig und, wie Studien in verschiedenen Regionen der Welt zeigen, sehr wirksam.